Taktile Fähigkeiten von Leichtbaurobotern

Im Vergleich zu konventionellen Robotern unterscheiden sich sensitive Leichtbauroboter neben dem mechanischen Aufbau durch ihr neues sensorisches Design. Die Verwendung von Kraft- und Momentensensoren ermöglicht die Messung wirkender Kräfte, um somit dem Roboter ein Tastsinn zu geben. Neben den bisherigen Stärken von Robotersystemen, wie zum Beispiel der hohen Wiederholgenauigkeit, sind somit neue Konzepte für die Roboter-Umgebungs-Interaktion möglich. In diesem Blogbeitrag stellen wir drei besondere Konzepte vor.

In vielen Situationen und Anwendungen soll eine spezifische Kraft auf die Umgebung oder ein Objekt ausgeübt werden. Eine erste offensichtliche Fähigkeit, die sich aus der Messung der wirkenden Kräfte ergibt, ist die Kraftregelung. Dabei werden die gemessenen Kräfte mit Sollkräften verglichen um die Roboterbewegung so anzupassen, dass die gewünschten Sollgrößen exakt realisiert werden.

Diese Fähigkeit ist gerade beim Greifen wichtig. Einerseits ist für einen stabilen Griff eine gewisse Kraft notwendig, andererseits darf die Kraft nicht zu groß werden, da sonst das Objekt beschädigt werden kann. Ein gutes Beispiel ist das Greifen eines Hühnereis.

Neben dem Greifen gibt es auch im industriellen Bereich Anwendungen, bei denen bestimmte Kräfte auf die Umwelt zu realisieren sind. Beispielsweise muss beim Zusammenstecken von Bauteilen ein gewisser Druck ausgeübt werden, damit die Steckverbindung zuverlässig hält. Diese Kräfte müssen zum einen exakt und zum anderen reproduzierbar umgesetzt werden. Durch moderne Methoden der Kraftregelung kann dies mit einer Genauigkeit im Subnewton-Bereich erreicht werden.

Eine weitere wichtige neue Eigenschaft, die sich durch die Messung der Kräfte ergibt, ist die Nachgiebigkeit. Sie bewirkt, das der Roboter ähnlich wie ein Gummiband durch Kräfte ausgelenkt wird. Verschwinden die externen Kräfte, fährt der Roboter wieder auf seine ursprüngliche Position zurück. Das folgende Video zeigt dieses Federverhalten am Franka Emika-Roboter.

Das Konzept der Nachgiebigkeit ist essentiell bei Leichtbaurobotern, da diese bei einer Interaktion mit der Umwelt zur Limitierung der Kontaktkräfte sorgt. Der Roboter soll im Kontaktfall nicht starr sein, sondern nachgeben und elastisch reagieren. Dieses Verhalten ist gerade dann von Vorteil, wenn ein Kontakt mit der Umgebung sinnvoll bzw. gewünscht ist. Zudem werden Klemmsituationen, z.B. zwischen Mensch und Roboter verhindert, da es immer möglich ist, den Roboter „wegzudrücken“.

Im industriellen Bereich lässt sich das Konzept der Nachgiebigkeit vor allem in Montageanwendungen einsetzen, bei denen die physische Interaktion im Vordergrund steht. Hierbei können durch das nachgiebige Verhalten Kräfte limitiert werden, wenn zum Beispiel die Fügeposition bei Stecker und Buchse nicht exakt passt.

Die dritte Fähigkeit ist die Erkennung von Kollisionen. Sollte der Roboter mit seiner Umgebung ungewollt in Kontakt kommen, muss dieser dies schnellstmöglich erkennen und darauf seine Bewegung zu stoppen oder anzupassen. Dazu wird im Millisekunden-Takt überprüft, ob die derzeitig gemessenen Kräfte plausibel sind, oder externe Störkräfte wirken.

Diese schnelle Erkennung der Kollision ist auch notwendig, damit die Kollisionskräfte gewisse Grenzwerte nicht überschreiten. Zu hohe Kollisionskräfte führen zur Zerstörung von Gegenständen oder noch schlimmer, zur Verletzung des Menschen.

Zudem kann die Erkennung von externen Kräften aber auch für ein interaktives Zusammenarbeiten zwischen Mensch und Roboter verwenden werden. Durch einen kurzen Druckimpuls kann zum Beispiel ein gewünschtes Programm gestartet werden, wodurch die Krafterkennung auch als zusätzliche Eingabemöglichkeit verwendet wird. 

Weitere Details zur Kollisionserkennung werden wir in einem folgenden Blogbeitrag besprechen. Dabei geht es zudem um neue Konzepte für ein sicheres Zusammenarbeiten zwischen Mensch und Roboter, der Mensch-Roboter-Kollaboration.


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